Der Lehrpfad

Im Rahmen des Projekts „Wächter der Erinnerung” ist ein Lehrpfad entstanden, der den „Marsch des Todes“ in Erinnerung rufen will. Der Lehrpfad beginnt an der Pfarrkirche in Książenice, an der sich die erste von fünf Gedenktafeln befindet. Die zweite Tafel befindet sich in Leszczyny bei einem Denkmal, das an die Getöteten erinnert. Im sogenannten „Mühlen” - Młyny; (damit ist die Umgebung des Sportzentrums in Rybnik – Kamień gemeint) steht die dritte Tafel des Lehrpfads. Die vierte befindet sich auf dem Friedhof in Książenice, auf dem die ermordeten Häftlinge begraben worden sind. Und die letzte Gedenktafel unseres Lehrpfads steht vor dem Haus der Familie Jurytko, in dem sich vor 70 Jahren etwa ein Dutzend Häftlinge verstecken konnte.

Tafel Nr 1 – Książenice, Pfarrkirche.

GPS: 50.15420564, 18.59882116

Herzlich willkommen in Książenice - in der ältesten Ortschaft der Gemeinde Czerwionka-Leszczyny im Kreis Rybnik. Das Gebiet war vermutlich schon in der Steinzeit bewohnt. Erste urkundliche Erwähnungen der Stadt Książenice reichen ins 13. Jahrhundert zurück (erste Erwähnung 1223). Książenice hat 2580 Einwohner (Stand 2013). Die Ortschaft umfasst etwa 1642 Hektar. Die Landschaft besteht überwiegend aus ausgedehnten Grünflächen, die zum Naturpark „Cysterskie Kompozycje Krajobrazowe Rud Wielkich” gehören. Ein besonderer Ort ist die Wildnis „Głębokie Doły”, über die zahlreiche Legenden erzählt werden. Die Kriegsereignisse ließen Książenice nicht unberührt, und die Bewohner des Dorfes mussten beide Weltkriege aus nächster Nähe miterleben. Am 20. September 1942 starb der erste Pfarrer von Książenice, Jan Pojda, im Konzentrationslager in Dachau. Im Januar ’45 marschierten Häftlinge aus dem Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau durch Książenice. Hier in Książenice mussten viele von ihnen ihr Leben lassen. Sie wurden bei Fluchtversuchen erschossen oder starben vor Erschöpfung, Hunger und Unterkühlung. Obwohl sie damit ihr Leben riskierten, beerdigten die Bewohner von Książenice und der benachbarten Ortschaften die Ermordeten in einem Massengrab auf dem örtlichen Friedhof. Auch versteckten sie diejenigen, denen die Flucht gelungen war. Zum 70. Jahrestag ist ein Lehrpfad entstanden, der Menschen im 21. Jahrhundert die Geschichte derer, die hier ihr Leben gelassen haben, sowie derer, die ihr Leben für andere aufs Spiel gesetzt haben, näher bringen will. Zum 70. Jahrestag ist ein Lehrpfad entstanden, der Menschen im 21. Jahrhundert die Geschichte derer, die hier ihr Leben gelassen haben, sowie derer, die ihr Leben für andere aufs Spiel gesetzt haben, näher bringen will. Es ist uns ein Anliegen, dass die Erinnerung an jene tragischen Ereignisse weitergegeben wird. Wir laden Sie ein, diesen Lehrpfand, der im Rahmen des Projekts „Die Wächter der Erinnerung” entstanden ist, zu entdecken. Die Verteilung der Gedenktafeln finden Sie auf der Landkarte.

Tafel Nr 2 - Rzędówka

GPS: 50.13972849, 18.61935360

Der Weg des Todesmarsches führte von Auschwitz Birkenau nach Wodzisław Śląski. Auch in Gleiwitz (Gliwice) fuhren Züge ab, die Gefangene transportierten. Einer der Trosse mit Häftlingen, der in Gleiwitz angekommen war, wurde zum Bahnhof in Rzędówka weitergeschickt.Dort kam er in der Nacht des 22. Januars an. Die Evakuierten wurden in klirrender Kälte bei -20 Grad transportiert. In den Güterwagen waren die Reiseumstände unvorstellbar. Die Häftlinge, die auf den Fuβboden gefallen waren, waren nicht mehr in der Lage wieder aufzustehen. Außerdem waren die Häftlinge gezwungen, ihre Notdurft in die eigenen Hände zu verrichten und die Exkremente aus den Gitterfenstern der Waggons zu werfen. In Rzędówka erging der Befehl, die Waggons zu verlassen und sich in Reih und Glied zum Abmarsch zu formieren. Die Personen, die dazu nicht in der Lage waren, wurden erschossen. Die Leichen wurden neben die Eisenbahngleise gelegt und später in der Nähe der Bahnhofsgebäude begraben. Die örtliche Bevölkerung, bewegt vom Schicksal der Häftlinge, beschloss die Toten zu beerdigen, wie es ihnen gebührte. Dies geschah dann auch am 29. Juli 1945 in Leszczyny. Nicht nur die Familien der Ermordeten nahmen an der Beerdigung teil, sondern auch die örtliche Bevölkerung, ehemalige Häftlinge aus dem KZ Auschwitz-Birkenau, Vertreter staatlicher und sozialer Organisationen, sowie Vertreter der polnischen Armee und der Roten Armee. Im Mai 1958 wurden die Leichen der Ermordeten in Rzędówka exhumiert. Die sterblichen Überreste von 288 Personen wurden zum Hauptfriedhof in Gleiwitz transportiert.

Tafel Nr 3 – Młyny (Mühlen)

GPS: 50.12920135, 18.57782567

Nachdem die Häftlinge vom Bahnhof in Rzędówka losmarschiert waren, versuchten sie sich in Gehöften zu verstecken und baten die örtliche Bevölkerung um Nahrung und Wasser. Bei tiefen Minusgraden mussten sie lediglich mit Hemd und Hose bekleidet marschieren. Vor Erschöpfung waren sie nicht einmal imstande, die Decken festzuhalten, in welche sie sich gehüllt hatten. Während die Häftlinge durch die Ortschaft Młyny (Mühlen) in der Nähe des Gutshofs Spendlowiec marschierten, legten die SS-Soldaten, die sie bewachten, eine Handgranate unter einen umgestürzten Baum. Als die Granate explodierte, schrie einer von den Soldaten: Partisanen! Daraufhin begann eine Schießerei, bei der viele Häftlinge getötet wurden. An der Stelle der Schieβerei wurde an einem Baum eine Gedenktafel für die Ermordeten errichtet.

Tafel Nr 4 – Książenice, Friedhof

GPS: 50.15165000, 18.59701000

Die Leichen einiger Häftlinge, die bei der Schieβerei in der Ortschaft „Mühlen” (Młyny) in Kamień ihr Leben gelassen hatten, wurden am 26. Januar und am 12. Februar 1945 im Massengrab auf dem Friedhof in Książenice beerdigt. Auf Anweisung des örtlichen Pfarrers Paweł Ryś schrieb der damalige Totengräber Wystup die KZ-Nummern der Leichen auf. Diese Entscheidung ermöglichte später die Identifizierung von 45 im Massengrab beerdigten Personen. Es stellte sich heraus, dass viele von ihnen Juden waren. Auf dem Friedhof in Książenice wurden Juden aus verschiedenen Teilen Europas begraben. Denn diejenigen, die im „Marsch des Todes” bestialisch ermordet wurden, kamen nicht nur aus Polen, sondern auch aus den Niederlanden, aus Ungarn, Jugoslawien und Frankreich. Obwohl viele Jahre vergangen sind, hat die Bevölkerung von Książenice die tragische Ereignisse bis heute nicht vergessen. Das Grab auf dem örtlichen Friedhof wird unaufhörlich besucht und gepfleg. Im Mai 2008 fand auf dem Friedhof in Książenice die feierliche Anbringung von Gedenktafel statt, die vom Institut Yad Vashem in Jerusalem und von der Pfarrerei des unbefleckten Herzens der heiligsten Jungfrau Maria gestiftet wurden. Auf einer der Tafeln befindet sich eine Kurzfassung der tragischen Ereignisse auf Polnisch, Hebräisch und Englisch. Auf der anderen sind die Namen der begrabenen Personen, die man dank der KZ-Nummern identifizieren konnte, eingraviert. An der Festveranstaltung nahmen Vertreter der Israelischen Botschaft aus Warschau und Vertreter des Instituts Yad Vashem aus Jerusalem teil; ebenfalls wohnten den Feierlichkeiten die Enkelkindern und Familien der Ermordeten bei, die zum ersten Mal das Grab ihrer Verwandten besuchten. Heutzutage wird der Friedhof in Książenice sehr oft besucht, u.a. durch Reisegruppen aus Israel (vor allem durch Jugendliche) oder von Privatpersonen, die den hier Begrabenen nahestanden oder mit ihnen verwandt waren.

Tafel Nr 5 – Książenice, Gut der Familie Jurytko

GPS: 50.17112854, 18.58486674

Ein Teil der Häftlingen versuchte, aus dem Marsch des Todes zu flüchten. Die, denen die Flucht geglückt war, versteckten sie sich vor allem in Kamień und in Książenice. Bronisława und Brunon Jurytko, die in Książenice wohnten, riskierten auf heroische Art und Weise das Lebens ihrer gesamten Familie und ihren Besitz, indem sie acht Tage lang 14 Häftlinge versteckten und ernährten, denen es gelungen war, aus der Kolonne, die in Richtung Rybnik unterwegs war, zu flüchten. Die Häftlinge wurden von Familie Jurytko in der Scheune verborgen und erhielten Kleidung und Nahrung. Diese Tatsache bezeugen die Häftlinge in einer Urkunde, die wie folgt lautet: "Hiermit bestätigen wir, Entflohene aus dem KZ Auschwitz, dass Jurytko Brunon, wohnhaft in der Ortschaft Książenice, uns unter Gefahr seines eigenen Lebens und dessen seiner Familie acht Tage lang Zuflucht gewährt hat. Bei ihm hatten wir die Möglichkeit uns aufzuhalten und zu übernachten, und wir erfuhren jede notwendige Hilfe. Das alles hat er gemacht, während deutsche SS-Truppen die Entflohenen in der ganzen Umgebung suchten. Auf uneigennützige Art und Weise - einfach als aufrichtiger Mensch - hat er uns allen das Leben gerettet." Für diese heroische Tat wurde die Familie Jurytko vom Institut Yad Vashen im Jahre 1991 mit der Medaille „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.
"Es ist nur eines schlimmer als Auschwitz...
wenn die Welt vergisst, dass es einen solchen Ort gab"